Anstellung von Menschen mit Behinderung: Rechte und Pflichten für Betriebe
Beschäftigen Sie in Ihrem Unternehmen Menschen mit einer Behinderung, so gelten für deren Einsatz besondere Schutzpflichten, die Sie als Führungskraft berücksichtigen müssen. Beschäftigte mit einer Behinderung genießen im rechtlichen Sinne einen besonderen Schutz. Die speziellen Rechte und Pflichten am Arbeitsplatz sind im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) verankert.
Um die berufliche Teilhabe am Arbeitsplatz sicherzustellen, dienen die rechtlichen Nachteilsausgleiche dazu, Betriebe und Betroffene gleichermaßen zu unterstützen. Außerdem wird durch diese Rechte der Beschäftigte mit Behinderung vor Benachteiligungen im (laufenden) Arbeitsverhältnis geschützt.
Auf dieser Seite informieren wir Sie umfassend über die Rechte und Pflichten bei der Beschäftigung von schwerbehinderten Arbeitskräften, die zu einer Gleichstellung der gesamten Belegschaft führen und so eine Diskriminierung ausschließen sollen.
Ist die Frage nach einer Schwerbehinderung erlaubt?
Generell ist die tätigkeitsneutrale Frage nach einer Behinderung oder Schwerbehinderung unzulässig. Dieser Grundsatz ist zum einen im SGB IX und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geregelt.
Anders ist es im bereits laufenden Arbeitsverhältnis. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Frage, nach einem Ablauf von mindestens sechs Monaten der Tätigkeit, zulässig ist. Besonders im Falle einer bevorstehenden Kündigung ist eine Klärung dieses Sachverhalts notwendig, damit Führungskräfte Rechte und besondere Vorgaben einhalten können.
Aber auch für Beschäftigte gilt: Rechte in Form von Nachteilsausgleichen, wie Zusatzurlaub, eine Anpassung von Arbeitszeiten und des Arbeitsplatzes sowie dem besonderen Kündigungsschutz, stehen schwerbehinderten Personen erst zu, wenn über den Grad der Behinderung ein Nachweis erbracht wurde.
Wurde die Arbeitskraft gekündigt und es liegt eine Behinderung vor, die zum Zeitpunkt der Kündigung nicht bekannt war, so muss die Schwerbehinderung oder Gleichstellung innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung nachgewiesen werden. Wird die Frist eingehalten, so genießt die angestellte Person – trotz vorheriger Unkenntnis des Betriebs – den besonderen Kündigungsschutz nach SGB IX § 85.
Wie kann eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung nachgewiesen werden?
Wollen Beschäftigte einen Nachweis für ihre Schwerbehinderung erbringen, so kann der vorgesetzten Person im Betrieb ein Schwerbehindertenausweis vorgelegt werden. Haben Menschen mit einer Behinderung eine Gleichstellung erwirkt, so muss dem Unternehmen der Gleichstellungsbescheid der Agentur für Arbeit eingereicht werden.
Diese Nachweise dienen nicht nur dazu, Nachteilsausgleiche veranlassen zu können. Auch besteht für beschäftigungspflichtige Betriebe eine Meldepflicht. Durch die entsprechenden Nachweise kann die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen zudem gemeldet und die zu zahlende Ausgleichsabgabe entsprechend angepasst werden.
Rechte von Menschen mit Behinderung im laufenden Arbeitsverhältnis
Tritt bei Personen, die bereits im Unternehmen beschäftigt sind, eine Schwerbehinderung auf, welche die Tätigkeit nicht beeinflusst, so besteht seitens der Arbeitskräfte keine Pflicht, den Betrieb hierüber zu informieren. Erst wenn die Schwere der Behinderung Auswirkungen auf die auszuübenden Tätigkeiten am Arbeitsplatz hat, besteht eine Mitteilungspflicht. In diesem Fall ist das Unternehmen unverzüglich zu informieren.
Eine Gleichstellung können Personen mit Behinderungen, die einen Behinderungsgrad von minimal 30 und maximal 50 aufweisen, auf Antrag bei der Agentur für Arbeit erwirken. Eine Gleichstellung besagt in diesem Fall, dass die Arbeitskraft dieser Person denen von schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wird. Diese Gleichstellung hilft Betroffenen, einerseits einen geeigneten Arbeitsplatz zu erhalten, oder andererseits ihren Job nicht zu verlieren.
Rechte von Menschen mit Behinderung bei der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses
Möchte eine Person mit einer Behinderung in Ihrem Unternehmen eine Tätigkeit aufnehmen, so sind deren Rechte klar im Gleichbehandlungsgesetz geregelt. So soll gewährleistet werden, dass die Person nicht aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt wird. Hiervon betroffen sind neben der Einstellung auch Aussichten auf berufliche Weiterentwicklung und Aufstiegschancen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Lohnzahlungen sowie Arbeitsbedingungen.
Personen mit einer anerkannten Behinderung können zudem Leistungen beantragen, die bei der Aufnahme und Erlangung eines Arbeitsplatzes zuträglich sind. Hierzu gehört beispielsweise die Arbeitsassistenz. Diese Assistenz führt Tätigkeiten ersatzweise aus, um einen Beruf ausüben zu können (z.B. Vorlesen bei Blinden).
Aber auch Unternehmen können Zuschüsse beantragen, wenn diese Schwerbehinderte beschäftigen, die nicht die volle Arbeitsleistung erbringen können. Diesen Firmen steht ein Beschäftigungssicherungszuschuss zu.
Beschäftigungspflicht nach dem Schwerbehindertenrecht
Beschäftigen Sie in Ihrem Unternehmen im Jahresdurchschnitt mindestens 20 Personen, so müssen Sie nach § 71 Abs. 1 SGB IX mindestens fünf Prozent Schwerbehinderte beschäftigen.
Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen und bei gleicher Eignung bevorzugt einzustellen.
Wird diese Pflichtquote unterschritten, so müssen Sie eine Ausgleichsabgabe bezahlen. Der Betrag dieser Pflichtabgabe verringert sich, je mehr Schwerbehinderte Sie in Ihrer Unternehmung einstellen.
Nachteilsausgleiche für Beschäftigte mit Behinderungen
Der besondere Kündigungsschutz
Nach SGB IX § 85 genießen Menschen mit Behinderungen sowie Gleichgestellte besondere Rechte im Kündigungsschutz. Möchten Sie als Führungskraft das Arbeitsverhältnis beenden, so bedarf dies einer vorherigen Zustimmung durch die Hauptfürsorgestelle. So soll gewährleistet werden, dass Gleichgestellte oder schwerbehinderte Angestellte nicht aufgrund Ihrer Behinderung gekündigt werden. Die Hauptfürsorgestelle prüft im Zustimmungsverfahren, ob die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht, oder nicht.
Wird ein Zusammenhang mit der Behinderung festgestellt, so werden Ihnen Möglichkeiten aufgezeigt, wie behinderungsbedingte Schwierigkeiten behoben werden können, um ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten. Liegen die hierfür erforderlichen Aufwendungen und Maßnahmen im gesetzlichen Rahmen, so wird die Hauptfürsorgestelle die Kündigung ablehnen.
Steht die Kündigung jedoch in keinerlei Beziehung zur Behinderung, wie beispielsweise bei einer betriebsbedingten Kündigung, so muss die Hauptfürsorgestelle ihre Zustimmung erteilen.
Zusatzurlaub für Menschen mit Behinderung
Bei einer Schwerbehinderung über 50 Grad besteht Anspruch auf eine Woche bezahlten Zusatzurlaub pro Kalenderjahr.
Die tatsächliche Anzahl der zusätzlichen Urlaubstage ist abhängig von den wöchentlich geleisteten Arbeitsstunden. Bei einer Behinderung mit einer Schwere unter 50 Grad oder einer Gleichstellung besteht kein Anspruch auf Zusatzurlaub.
Gestaltung der Tätigkeit, Arbeitszeit und des Arbeitsplatzes
Schwerbehindertes und gleichgestelltes Personal hat generell Anspruch auf eine Beschäftigung, bei denen Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll eingesetzt und weiterentwickelt werden können. Hierbei steht das Unternehmen in der Pflicht, das Einsatzgebiet entsprechend der Fähigkeiten aufzufinden.
Auch die Arbeitszeit muss auf die Bedürfnisse des Menschen mit Behinderung abgestimmt werden. Schwerbehinderte Angestellte sind auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen.
Weitere Rechte von schwerbehinderten Erwerbstätigen liegen ebenso in der Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie des gesamten Arbeitsumfeldes. Hier obliegt die Pflicht, Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen sowie Gerätschaften unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr so einzurichten und zu unterhalten, dass schwerbehinderte Angestellte beschäftigt werden können. Auch sind Sie dazu verpflichtet, den Arbeitsplatz mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten und so einen barrierefreien Arbeitsplatz zu schaffen.
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